Zähne nachwachsen lassen: Schluss mit Implantaten und Co.?

Autorin: Dr. Christin Steinbach
Veröffentlicht am: 28. Februar 2025
Zuletzt aktualisiert: 23. Juni 2025
Zähne von Haien wachsen ein Leben lang – für uns Menschen galt das bisher als unmöglich. Japanische Forscher haben nun ein Protein entdeckt, welches das nachträgliche menschliche Zahnwachstum blockiert. Mittels Proteinhemmer könnte dieses reaktiviert werden – erste Tests zeigen vielversprechende Ergebnisse.
Menschliche Zähne einfach nachwachsen lassen? – Was wie Science-Fiction klingt, könnte bald Realität werden. Zumindest, wenn es nach den Erkenntnissen einer japanischen Studie geht. Japanische Forscher haben kürzlich ein Protein identifiziert, welches das natürliche Zahnwachstum blockiert. Ein gezielter Hemmstoff könnte diesen Mechanismus außer Kraft setzen und neues Zahnwachstum ermöglichen. Erste Tierversuche liefern vielversprechende Ergebnisse. Sollte die Forschung weiter voranschreiten, würde dies die Zahnmedizin revolutionieren.
Übrigens: In der Natur ist das Phänomen der nachwachsenden Zähne keine Seltenheit. Haie zum Beispiel erneuern ihre Zähne ein Leben lang. Sie verfügen über mehrere Reihen von Ersatzzähnen, die bei Bedarf nachrücken. Auch bei anderen Tierarten wie Krokodilen oder einigen Eidechsenarten ist dieses zu beobachten. Für uns Menschen dagegen galt bisher: Verlieren wir einen bleibenden Zahn, wird dieser mittels Implantaten, Brücken oder Prothesen ersetzt.
Warum wachsen unsere Zähne nicht nach?
Beim Menschen wachsen Zähne nur zweimal im Leben – zuerst das Milchgebiss, später die bleibenden Zähne. Diese Entwicklung ist genetisch vorprogrammiert. Verantwortlich dafür sind spezielle Signalproteine, die das Zahnwachstum steuern. Während der Entwicklung beeinflussen sie die Formung, das Wachstum und die Mineralisierung der Zahnsubstanz. Einige Proteine wirken dabei wie ein „Ein-Aus-Schalter“: Sie entscheiden, wann und ob überhaupt ein Zahn gebildet wird.
Während der Embryonalphase entstehen Zahnknospen, aus denen sich die ersten Zähne entwickeln. Nach dem Verlust der Milchzähne treten die bleibenden Zähne an ihre Stelle. Danach endet die natürliche Zahnentwicklung. Fehlende oder beschädigte Zähne kann der Körper nicht ersetzen. Dies liegt daran, dass unser Körper nach dem Verlust der bleibenden Zähne keine natürlichen Mechanismen mehr aktiviert, um neue zu bilden.
Anders ist es bei Haien oder Nagetieren. Ihre Zähne erneuern sich kontinuierlich. Forschungen zeigen, dass Menschen theoretisch über ähnliche Mechanismen verfügen. Ein bestimmtes Protein – USAG-1 – verhindert jedoch, dass diese aktiviert werden. Dieses Wissen bildet die Grundlage für neue Therapieansätze. Ergebnisse der Studie aus Japan zeigen: Durch das gezielte Hemmen bestimmter Proteine könnte es möglich werden, verlorene Zähne bei Erwachsenen wieder nachwachsen zu lassen.
Zahnwachstum dank Proteinhemmer?
Ein Forscherteam der Kyoto-Universität hat einen bahnbrechenden Ansatz zur Zahnregeneration entwickelt. Im Zentrum ihrer Forschung steht das Protein USAG-1 (Uterine sensitization associated gene-1), das als Schlüssel zum Zahnwachstum identifiziert wurde. Die Wissenschaftler entdeckten, dass USAG-1 das Zahnwachstum natürlich begrenzt. In früheren Untersuchungen stellten sie fest, dass Mäuse ohne das für USAG-1 verantwortliche Gen mehr Zähne entwickelten. Diese Erkenntnis führte zu der Idee, das Protein mittels eines Proteinhemmers gezielt zu blockieren, um neues Zahnwachstum zu stimulieren.
Der Ansatz der japanischen Forscher besteht darin, ein Antikörpermedikament zu entwickeln, welches die Funktion von USAG-1 hemmt. In Tierversuchen zeigte das Medikament bereits vielversprechende Ergebnisse. So konnten bei Frettchen, deren Zahnmuster dem der Menschen ähnelt, erfolgreich neue Zähne zum Wachsen gebracht werden. Vor allem bei Kindern mit Zahnagenesie – einem Defekt, bei dem sich ein oder mehrere Zähne nicht entwickeln, weil ihre Anlage fehlt – könnte die Proteinhemmer-Methode eine Alternative zu Implantaten oder Prothesen darstellen.
Obwohl die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, sehen Experten große Potenziale. Sollte sich der Proteinhemmer als wirksam erweisen, könnte dies nicht nur den Zahnverlust verhindern, sondern auch eine kostengünstige, natürliche Lösung für viele Betroffene sein.
Neue Zähne wachsen lassen – die Zahnmedizin der Zukunft?
Die Möglichkeit, Zähne nachwachsen zu lassen, könnte die Zahnmedizin revolutionieren. Für Patienten mit Zahnverlust eröffnen sich völlig neue Perspektiven. Statt auf künstliche Implantate oder Prothesen zurückzugreifen, könnten in Zukunft echte, biologische Zähne die Lücken füllen.
Vorteile der Proteinhemmer-Methode:
Verbesserter Heilungsprozess: Die Regeneration könnte schneller und komplikationsfreier verlaufen als bei herkömmlichen Zahnersatzmethoden.
Natürlichkeit: Nachwachsende Zähne wären vollständig körpereigen und würden sich perfekt in das bestehende Gebiss einfügen.
Langlebigkeit: Im Gegensatz zu Implantaten oder Prothesen könnten diese Zähne ein Leben lang halten.
Experten schätzen, dass es noch einige Jahre – mindestens bis 2030 dauern wird, bis diese Technologien für den breiten Einsatz bereit sind. Noch befindet sich die Forschung zum Zahnwachstum im Frühstadium. Klinische Studien an Menschen haben gerade erst begonnen. Und: Der Weg von erfolgreichen Laborversuchen hin zur praktischen Anwendung ist in der Regel lang und herausfordernd. Sicherheit und Wirksamkeit müssen in klinischen Tests nachgewiesen werden.
Sollte sich der Proteinhemmer als erfolgreich erweisen, könnte er die Zahnmedizin revolutionieren. Patienten mit Zahnverlust hätten eine natürliche Alternative zu Implantaten und Prothesen. Besonders für Menschen mit genetisch bedingtem Zahnverlust oder schweren Zahnerkrankungen wäre die Methode ein Durchbruch.
Die Vision von nachwachsenden Zähnen rückt also näher – doch bis dahin bleibt Zahngesundheit die beste Vorsorge.
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