Weisheitszähne ziehen: Wann ist die Entfernung sinnvoll?

Dr. Christin Steinbach

Autorin: Dr. Christin Steinbach

Veröffentlicht am: 6. Juni 2024

Lesedauer: 6 Minuten

Früher waren sie wichtig, heute könnten die meisten Menschen gut auf sie verzichten. Rund 80 Prozent haben Probleme mit den Weisheitszähnen. Ein Hauptgrund: mangelnder Platz im Kiefer.

Nicht jeder hat sie. – Und diejenigen, die sie haben, fragen sich häufig, ob sie gezogen werden müssten: Weisheitszähne. Es handelt sich bei ihnen um die dritten und letzten Backenzähne – auch Achter genannt. Sie brechen normalerweise im späten Teenageralter oder im frühen Erwachsenenalter durch. Aus evolutionärer Perspektive dienten Weisheitszähne dazu, das Kauen von rohen Pflanzen und Fleisch zu unterstützen. Im Laufe der Zeit wurden sie vor allem durch die veränderte menschliche Ernährung weniger notwendig.

Einige Menschen leben problemlos mit dem Relikt einer längst vergangenen Zeit im Kiefer. Bei den meisten kommt es jedoch früher oder später zu Komplikationen. Durch die regelmäßige zahnärztliche Kontrolle wird die Zahnentwicklung überwacht. Zwar gilt heutzutage nicht mehr das Credo, dass Weisheitszähne, die bis zum 25 Lebensjahr nicht durchgebrochen sind, vorbeugend entfernt werden sollten. Trotzdem zählen Weisheitszahn-OPs mit mehr als einer Million Eingriffen jährlich zu den häufigsten zahnärztlichen Operationen.

Was sind Weisheitszähne und wofür sind sie gut?

Weisheitszähne, auch als dritte Molaren bekannt, sind die letzten Zähne im hinteren Teil des Kiefers. Meist brechen sie zwischen dem 17. und dem 25. Lebensjahr durch. Für unsere Vorfahren spielten sie eine entscheidende Rolle. Schließlich aßen die Menschen damals vorwiegend Fleisch, Wurzeln und Blätter – überwiegend unverarbeitet. Sie benötigten dafür mehr Kaumuskulatur und hatten einen größeren Kiefer, um den zusätzlichen Zähnen genug Platz zu bieten.

Heutzutage hat jeder Mensch im Alter von etwa zwölf Jahren 28 Zähne; je 14 im Ober- und im Unterkiefer. Wenn bei vielen Erwachsenen hinten im Mundraum die Weisheitszähne zum Vorschein kommen, sprechen Zahnärzte und Zahnärztinnen aufgrund ihrer Lage hinter dem siebten Zahn der Reihe von den so genannten Achtern.
Durch die veränderte menschliche Ernährung und dem Übergang zu weicheren, gekochten und verarbeiteten Lebensmitteln werden zusätzliche Backenzähne nicht mehr benötigt. Trotzdem brechen die Weisheitszähne immer noch oft durch – in einem Mund, der eigentlich nicht genug Platz für sie bietet. Bei einigen Menschen können sie nützlich sein: zum Beispiel als Reserve für den Fall, dass andere Backenzähne verloren gehen oder extrahiert werden müssen. Sind die Weisheitszähne gesund und gut ausgerichtet, dienen sie als Ergänzung zum Gebiss.

Übrigens: Wer sich fragt, woher Weisheitszähne ihren Namen haben – dieser stammt aus einer Zeit, in der die Menschen eine deutlich niedrigere Lebenserwartung hatten. Im Mittelalter galten Menschen zwischen 25 und 30 bereits als „alt und weise“. Da sich die Zähne häufig erst im Erwachsenenalter entwickeln, wurde damals von den „Weisheitszähnen“ gesprochen, und der Name hat sich bis heute gehalten.

Wenn Weisheitszähne zum Problem werden: Häufige Beschwerden

Bei einigen Menschen brechen die Weisheitszähne durch und fügen sich nahtlos in das Gebiss ein. Bei vielen anderen kommt es zu Komplikationen. Statistisch gesehen verursacht jeder fünfte bis sechste Weisheitszahn Probleme. Die möglichen Beschwerden durch Weisheitszähne sind vielfältig. Ein häufiges Problem ist der Platzmangel im Kiefer. Dieser führt dazu, dass Weisheitszähne schief oder gar nicht durchbrechen. Dadurch kann sich das Zahnfleisch öffnen. Die Folge: Bakterien dringen ein, es kommt zu Infektionen mit Schmerzen, Eiterbildung und allgemeinmedizinischen Problemen.

Zudem können Weisheitszähne beim Versuch durchzubrechen Druck auf die umliegenden Zähne ausüben. Vorhandene Zähne können sich verschieben und Fehlstellungen werden begünstigt. Dies kann nicht nur ästhetisch störend sein, sondern auch die Mundhygiene erschweren. Ein häufiges Symptom ist ein schmerzhaftes Druckgefühl. Dieses entsteht dadurch, dass die durchbrechenden Weisheitszähne auf die umliegenden Strukturen einwirken. Der Schmerz kann kontinuierlich vorhanden sein oder in Intervallen auftreten. Er ist oft ein Zeichen dafür, dass die Weisheitszähne nicht genügend Platz zum Durchbrechen haben. Schwellungen sind ebenfalls eine häufige Folge von problematischen Weisheitszähnen. Diese können auf Entzündungen und Infektionen im Zahnfleisch oder im Kieferknochen hinweisen und sind in der Lage, erhebliche Beschwerden zu verursachen.

Wann sollten die Weisheitszähne gezogen werden?

Ob Weisheitszähne entfernt werden sollten, hängt vor allem davon ab, ob sie bereits Probleme bereiten oder dies voraussichtlich irgendwann tun werden. Eine Entfernung in jungen Jahren ist grundsätzlich einfacher und weniger schmerzhaft, da die Zähne noch nicht all zu fest im Kiefer verankert sind.

Folgende Fragen sind wichtig für die Entscheidung:

• Haben die Weisheitszähne bereits Schmerzen verursacht? Gibt es Schäden am Kiefer oder an den Zähnen oder ist das Risiko dafür erhöht?
• Könnten die Weisheitszähne eine nachfolgende kieferorthopädische oder zahnärztliche Behandlung stören?
• Zeigen sich stark verästelte Wurzeln an den Weisheitszähnen?
• Stehen die sogenannten „Achter“ schief oder verdreht im Knochen?
• Bieten die Weisheitszähne eine besondere Eintrittspforte für Keime und ist das Infektionsrisiko dadurch erhöht?

Die Weisheitszahn-OP: wichtige Fakten

Vorbereitung
Vor dem Eingriff werden Zähne und Kiefer durch Zahnarzt oder Kieferchirurg gründlich untersucht. Mittels Röntgenaufnahmen werden Lage und Zustand der Weisheitszähne beurteilt. Vor der Operation erhalten Patienten detaillierte Anweisungen, wie sie sich vorbereiten sollen. Dies kann das Fasten vor einer Vollnarkose oder das Vermeiden bestimmter Medikamente umfassen. Es ist wichtig, diese Anweisungen genau zu befolgen, um Komplikationen zu vermeiden.

Die Operation selbst dauert in der Regel zwischen 45 Minuten und einer Stunde. Sie wird meist unter lokaler Betäubung durchgeführt. Auch Sedierung oder Vollnarkose sind möglich – je nach Komplexität des Eingriffs und den Wünschen des Patienten.

Nach der Weisheitszahn-OP
Nach der Operation ist eine gute Mundhygiene entscheidend. Regelmäßiges Spülen mit einer antiseptischen Lösung und vorsichtiges Zähneputzen helfen, Infektionen zu vermeiden. Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente werden oftmals verschrieben, um Schmerzen und Schwellungen zu lindern. Die Heilung dauert in der Regel etwa eine bis zwei Wochen. In den ersten Tagen nach der Operation können Schwellungen, Blutergüsse und Schmerzen auftreten. Es ist wichtig, körperliche Anstrengung zu vermeiden und weiche Nahrung zu sich zu nehmen.

Risiken und Komplikationen
Wie bei jedem chirurgischen Eingriff gibt es auch bei der Weisheitszahn-OP Risiken. Zu möglichen Komplikationen zählen Entzündungen, Blutungen und Wundheilungsstörungen. Diese treten bei einem Teil der Patienten auf. Sie können aber ebenso wie Schwellungen und Schmerzen nach der Operation gut behandelt werden.

Einige Patienten sind besorgt, dass bei der Weisheitszahn-Entfernung Gesichtsnerven geschädigt werden könnten. Da Nerven wie der Nervus alveolaris inferior und der Nervus lingualis nah an den unteren Weisheitszähnen verlaufen, könnten sie während des Eingriffs verletzt werden. Die Folge wären – in sehr seltenen Fällen – Taubheitsgefühle oder Geschmacksverlust. Studien zeigen, dass das Risiko für eine Nervenschädigung zwischen einem und drei Prozent liegt, wobei irreversible Schäden in 0,3 bis 1,7 Prozent der Fälle auftreten können.

Insgesamt sind schwerwiegende Komplikationen bei Weisheitszahn-Operationen relativ selten, aber sie können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Daher ist es wichtig, dass Patienten vor dem Eingriff umfassend über die möglichen Risiken aufgeklärt werden und alle Fragen mit ihrem Zahnarzt oder Kieferchirurgen besprechen.

Langfristig kann eine Weisheitszahn-OP viele Vorteile haben. Patienten profitieren im Anschluss oft von einer besseren Zahnstellung, weniger Schmerzen und einem geringeren Infektionsrisiko sowie anderen zahnmedizinischen Komplikationen. Wenn die Achter jedoch keine Probleme bereiten und sich gut in den Kiefer einfügen, raten Zahnärzte und Zahnärztinnen heutzutage immer häufiger dazu, diese zu erhalten. Die regelmäßige zahnärztliche Kontrolle gewährleistet, dass etwaige Schwierigkeiten frühzeitig entdeckt und eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden kann.

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