Chemotherapie und Zähne: Tipps für Zahnpflege und Ernährung

Autorin: Dr. Eva-Maria Prey
Veröffentlicht am: 14. Februar 2025
Krebs als Diagnose verändert für Betroffene alles. Therapieoptionen und gesundheitliche Folgen werden abgewogen – die Zahngesundheit gerät oft in den Hintergrund. Doch gerade während einer Chemotherapie sind eine sorgfältige Mundhygiene sowie eine zahngesunde Ernährung essenziell.
Allein in Deutschland erkranken jährlich fast 500.000 Menschen an Krebs. Insgesamt müssen knapp 50 Prozent der Menschen hierzulande im Laufe ihres Lebens mit der Diagnose rechnen. Während vor einigen Jahrzehnten mehr als zwei Drittel der Betroffenen an der Krankheit starben, konnte dank frühzeitiger Erkennung und gezielter Krebstherapie die Überlebensrate über alle Krebsarten hinweg auf über 50 Prozent gesteigert werden. Die Chemotherapie zählt nach wie vor zu den klassischen Behandlungsmethoden, um Krebs zu bekämpfen.
Aber: Eine Chemotherapie greift nicht nur Tumorzellen an. Sie beeinflusst den gesamten Körper – auch Zähne und Zahnfleisch. Viele Patienten und Patientinnen leiden unter Mundtrockenheit, Zahnfleischentzündungen oder einem erhöhten Kariesrisiko. Um Nebenwirkungen zu reduzieren, ist eine gezielte Mundpflege während der Chemotherapie unerlässlich. Bereits im Vorfeld der Behandlung können präventive Maßnahmen dazu beitragen, die Mundgesundheit zu stärken und möglichen Beschwerden vorzubeugen. Zudem spielt eine ausgewogene und zahngesunde Ernährung eine wichtige Rolle, um das Immunsystem zu unterstützen und die Mundschleimhaut widerstandsfähiger gegen die Belastungen der Therapie zu machen.
Akute Beschwerden und Spätfolgen: Auswirkungen der Chemotherapie auf Zähne und Mundraum
Eine Chemotherapie greift nicht nur Krebszellen an, sondern schwächt auch gesundes Gewebe. So reagieren unter anderem die Mundschleimhaut und die Speicheldrüsen besonders empfindlich auf die Behandlung. Dies kann eine Reihe von Nebenwirkungen im Mundraum verursachen. Eine der häufigsten: Mundtrockenheit (Xerostomie) durch eine reduzierte Speichelproduktion. Da Speichel die Zähne vor Bakterien schützt und Säuren neutralisiert, steigt das Risiko für Karies und Entzündungen im Mundraum. Auch das Kauen sowie das Schlucken der Nahrung werden durch einen verminderten Speichelfluss erschwert. Insgesamt wird die Mundschleimhaut empfindlicher und anfälliger für Entzündungen. Die so genannte orale Mukositis äußert sich durch schmerzhafte Rötungen und Schwellungen.
Das Zahnfleisch leidet ebenfalls unter der geschwächten Immunabwehr. Die Folge: Zahnfleischentzündungen und Zahnfleischbluten. Viele Betroffene berichten zudem von einem veränderten Geschmackssinn. Speisen schmeckten bitter oder metallisch, was den Appetit und die Nahrungsaufnahme erschwerten. Auch die Anfälligkeit für Pilzinfektionen wie Mundsoor oder andere bakterielle Entzündungen im Mundraum steigt. Weitere Spätfolgen der Chemotherapie für die Zähne sind Zahnerosion oder Karies, da die anhaltende Mundtrockenheit sowie die veränderte Mundflora die Zahnhartsubstanz angreifen.
Nach der Chemotherapie erholt sich der Körper oft nur langsam. Manche Schäden bleiben bestehen, etwa ein dauerhaft trockener Mund oder empfindliche Zahnnerven. Eine angepasste Mundpflege hilft, Beschwerden zu lindern und Folgeschäden zu vermeiden.
Gezielte Pflege: Präventive Maßnahmen vor Beginn der Chemotherapie
Eine gründliche Zahnpflege vor Beginn der Chemotherapie senkt das Risiko für Entzündungen (orale Mukositis) und Infektionen. Ein Zahnarztbesuch hilft, mögliche Problemstellen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt, vor dem Start einer Chemo- oder Strahlentherapie die Zähne vollständig sanieren zu lassen. So sollten potenzielle Infektionsherde wie Karies, undichte Füllungen oder entzündetes Zahnfleisch vor der Therapie umfassend versorgt werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Neben der zahnärztlichen Sanierung spielt die Mundhygiene eine entscheidende Rolle. Eine professionelle Zahnreinigung kann im Vorfeld einer Chemotherapie durchaus sinnvoll sein. Für zu Hause gilt: Patienten und Patientinnen sollten bereits vor Therapiebeginn mit den so genannten Zytostatika eine gründliche und regelmäßige Mundpflege etablieren. Die Zähne sollten nach jeder Mahlzeit geputzt werden; antiseptische Mundspülungen reduzieren zusätzlich die Keimzahl im Mundraum.
Ein weiterer präventiver Ansatz ist die Anwendung von natürlichen Substanzen mit entzündungshemmenden Eigenschaften. Studien zeigen, dass Mundspülungen mit Kamille und Minze sowie die Anwendung von Honig präventiv und kurativ bei Chemotherapie-induzierter Mundschleimhautentzündung wirken können.
Sanft und schonend: Mundpflege während der Chemotherapie
Die Chemotherapie schwächt das Immunsystem und macht den Mundraum anfälliger für Entzündungen. Während einer Chemotherapie ist eine konsequente aber schonende Mundhygiene besonders wichtig. Sie beugt Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Entzündungen der Mundschleimhaut oder Infektionen vor. Zahnbürste, Zahnpasta und Mundspülung sollten möglichst sanft sein. Eine weiche Bürste schont das Zahnfleisch, eine fluoridhaltige Zahnpasta schützt den Zahnschmelz. Alkohol- und mentholfreie Mundspülungen verhindern zusätzliche Reizungen. Auf elektrische Zahnbürsten sollte verzichtet werden – ihre Rotationen könnten gereiztes Zahnfleisch zusätzlich belasten.
Die Zahnzwischenräume können regelmäßig – vorsichtig! – mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen gereinigt werden. Ist das Zahnfleisch bereits stark entzündet, sollte diese Zwischenraumreinigung vermieden werden. Als natürliche Spülung wirken Kamillen- oder Salbeitee beruhigend auf Zahnfleisch und Mundschleimhaut. Wer zu Mundtrockenheit neigt, sollte regelmäßig kleine Schlucke Wasser trinken und zuckerfreie Lutschpastillen oder Speichelersatzpräparate nutzen, um die Mundschleimhaut feucht zu halten.
Zahngesunde Ernährung während und nach der Chemotherapie
Schleimhautentzündungen im Mundraum (Mukositis) zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Eine ausgewogene Ernährung leistet einen wichtigen Beitrag für die Mundgesundheit während der Chemotherapie.
Auswahl geeigneter Lebensmittel
Weiche, leicht kaubare Speisen wie Suppen, Eintöpfe, Pürees oder gedünstetes Gemüse sind schonend für die empfindliche Mundschleimhaut und erleichtern das Schlucken. Kalziumreiche Produkte wie Milch, Käse oder Mandeln stärken den Zahnschmelz. Vitamin D fördert die Kalziumaufnahme und unterstützt die Regeneration des Knochens. Grünes Blattgemüse, Nüsse und Fisch liefern wichtige Nährstoffe für gesunde Zähne.
Milchprodukte wie Joghurt oder Quark sind in der Regel ebenfalls gut verträglich. Scharf gewürzte, saure oder extrem heiße Speisen können Schmerzen verstärken und sollten ebenso wie zuckerlastige Lebensmittel vermieden werden. Statt Süßigkeiten eignen sich ungesüßte Nussmuse, Joghurt oder säurearmes Obst wie Bananen oder Birnen.
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell, um die Mundschleimhäute feucht zu halten und Mundtrockenheit zu reduzieren. Empfohlen werden mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Tag, vorzugsweise in Form von stillem Wasser, ungesüßten Kräutertees oder verdünnten Fruchtsäften. Kohlensäurehaltige oder stark zuckerhaltige Getränke sollten vermieden werden, da sie die Schleimhäute reizen können.
Häufige, kleine Mahlzeiten
Aufgrund von Appetitlosigkeit oder Geschmacksveränderungen kann es hilfreich sein, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. Dies kann die Nahrungsaufnahme erleichtern und sicherstellen, dass der Körper ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird.
Anpassungen an den individuellen Geschmack
Da Geschmacksveränderungen auftreten können, sollten Patienten auf ihre individuellen Vorlieben achten und Lebensmittel wählen, die ihnen schmecken und gut bekommen. Das Ausprobieren verschiedener Kräuter und milder Gewürze kann helfen, den Geschmack von Speisen zu verbessern und den Appetit anzuregen.
Nach der Chemotherapie: Zähne und Zahnfleisch langfristig pflegen
Nach einer Chemotherapie braucht der Körper Zeit zur Regeneration. Auch die Mundgesundheit erholt sich nicht sofort. Viele Betroffene leiden weiterhin unter Mundtrockenheit, empfindlichen Zähnen oder entzündetem Zahnfleisch. Eine konsequente Mundpflege hilft, langfristige Schäden zu vermeiden.
Eine weiche Zahnbürste und milde Zahnpasta bleiben die beste Wahl. Fluorid schützt den Zahnschmelz, während alkoholfreie Mundspülungen Entzündungen vorbeugen. Wer unter anhaltender Mundtrockenheit leidet, kann mit speichelanregenden Lutschpastillen oder künstlichem Speichel nachhelfen.
Nach Abschluss der Therapie ist ein Kontrollbesuch in der Zahnarztpraxis ratsam. Dort können Zahnfleischentzündungen, Karies oder Zahnschmelzschäden frühzeitig erkannt und behandelt werden. Eine professionelle Zahnreinigung entfernt bakterielle Beläge und senkt das Risiko für Infektionen.
Die Auswirkungen einer Chemotherapie auf die Mundgesundheit sind vielfältig und können die Lebensqualität beeinträchtigen. Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Schleimhautentzündungen und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen erfordern eine langfristig angepasste Mundpflege und regelmäßige zahnärztliche Betreuung. Durch eine sorgfältige Vorbereitung vor Beginn der Therapie, eine konsequente Mundhygiene während der Behandlung und eine zahngesunde Ernährung lassen sich viele Beschwerden lindern und langfristige Schäden vermeiden
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