Schlechte Zähne durch vegane Ernährung – Fakt oder Vorurteil?
Autorin: Dr. Eva-Maria Prey
Veröffentlicht am: 23. Oktober 2024
Die Zahl an Menschen in Deutschland, die sich vegan ernähren, steigt. Doch wie wirkt sich der Trend auf die Zahngesundheit aus?
Vegan ist Trend! Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ernährten sich 2021 zehn Prozent der Deutschen vegetarisch und zwei Prozent vegan – jeweils doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor. Konkret heißt das: Mehr als zehn Millionen Menschen hierzulande verzichten auf Fisch und Fleisch; mehr als 1,5 Millionen ernähren sich vollständig ohne tierische Produkte.
Aber: Fisch, Eier, Milch und Käse liefern dem Körper wichtige Nährstoffe und sind auch für die Zahngesundheit wichtig. Führt eine rein vegane Ernährung also folglich automatisch zu schlechten Zähnen?
Was bedeutet vegane Ernährung?
Vollständig vegan zu leben bedeutet, in der Ernährung sowie bei Kleidung und Kosmetik auf tierische Produkte zu verzichten. Auf dem Speiseplan werden Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Honig vermieden. Stattdessen stehen pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen im Mittelpunkt. Die Gründe für eine vegane Lebensweise sind vielfältig: Viele Menschen entscheiden sich aus ethischen Überlegungen für den Veganismus, um Tierleid zu vermeiden. Andere tun es aus gesundheitlichen Gründen oder um die Umwelt zu schützen. – Immerhin werden tierische Lebensmittel mit hohem Ressourcenaufwand produziert. Für viele ist Veganismus keine Ernährungsweise, sondern vielmehr eine umfassende Lebensphilosophie.
Wie wirkt sich vegane Ernährung auf die Zähne aus?
„Wer auf tierische Produkte verzichtet, nimmt nicht genug Nährstoffe auf.“ – Eine Aussage, mit der Veganer und Veganerinnen häufig konfrontiert werden. Wie sich eine vegane Ernährung auf die Gesundheit beziehungsweise die Zahngesundheit auswirkt, hängt stark davon ab, wie ausgewogen die tierischen Komponenten durch Alternativen kompensiert werden. Ein Nährstoffmangel – vor allem an Kalzium, Vitamin D und Vitamin B12 – kann langfristig unter anderem zu Zahnerkrankungen führen. Aber: Eine vegane Ernährung bedeutet nicht, tierische Produkte einfach wegzulassen. In der Regel haben sich vegan lebende Menschen ausführlich damit beschäftigt, wie sie bestimmte Lebensmittel und Nährstoffe substituieren können. Und auch die heterogene Mischkost kann einseitig sein und zu Mangelerscheinungen führen. Wie eine vollwertige Ernährung aussehen kann oder sollte, zeigt der Ernährungskreis der DGI.
Einige Studien, die von negativen Konsequenzen – vor allem für die Zähne – sprechen, nennen als Ursache, dass vegan lebende Menschen häufiger Obst und Früchte verzehren würden. In der Tat sind viele Lebensmittel, vor alle Früchte und Fruchtsäfte, sehr säurehaltig. Zitrusfrüchte, Ananas oder Apfel beispielsweise können den Zahnschmelz bei übermäßigem Verzehr angreifen. Langfristig führt eine säurereiche Ernährung zu Zahnerosion – der Zahnschmelz wird allmählich abgebaut. Die Zähne werden empfindlicher und das Risiko für Karies steigt.
Im Zweifel sollte mit dem Zahnarzt oder der Zahnärztin abgeklärt werden, ob sich Mangelerscheinungen durch die vegane Ernährung zeigen. Werden wichtige Nährstoffe in ausreichendem Maße ersetzt, ist vegane Ernährung jedoch in der Regel unbedenklich für die Zahngesundheit.
Die Zahngesundheit schützen – Tipps bei veganer Ernährung
Um schlechten Zähnen durch eine vegane oder vegetarische Ernährung vorzubeugen, sollten bestimmte Aspekte bezüglich der Mundhygiene und der Ernährung beachtet werden:
- Nicht auf fluoridhaltige Zahnpasta verzichten
Auch bei einer pflanzenbasierten Ernährung sollte regelmäßig fluoridhaltige Zahnpasta verwendet werden. Fluorid hilft, den Zahnschmelz widerstandsfähiger gegen Säuren zu machen, die vor allem durch den Verzehr von Fruchtsäften und säurehaltigen Lebensmitteln entstehen. - Nach zucker- und säurehaltigem Essen oder Trinken mit dem Zähneputzen warten
Lebensmittel wie Früchte, Fruchtsäfte oder zuckerhaltige Snacks können den Zahnschmelz schwächen. Direktes Zähneputzen nach dem Verzehr kann den Zahnschmelz zusätzlich abtragen. Es ist besser, vor dem Zähneputzen etwa 30 Minuten zu warten. In der Zwischenzeit kann der Speichel helfen, die Säuren zu neutralisieren und den Zahnschmelz zu remineralisieren. Ein Schluck Wasser nach dem Essen oder Trinken kann ebenfalls hilfreich sein, um die Säuren zu verdünnen. - Vorsorge und Zahnreinigung beim Zahnarzt
Gute Zahnpflege hin oder her: Die regelmäßige Kontrolle sowie die professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt sind trotzdem unerlässlich! Zudem können Anzeichen für Zahnprobleme durch eine vegane Ernährung – wie beispielsweise Zahnerosion oder durch Vitaminmangel bedingte Zahnfleischentzündung – frühzeitig erkannt werden. - Regelmäßiges Überprüfen der Nährstoffversorgung
Um einem möglichen Nährstoffmangel vorzubeugen, sollten sich Veganer gut über alternative Lebensmittel informieren. Auch ein Besuch beim Hausarzt kann sinnvoll sein. Ein Bluttest stellt fest, ob ein Mangel an Vitamin B12, Vitamin D oder Kalzium vorliegt, der im schlimmsten Fall zu schlechten Zähnen oder anderen Krankheiten führen könnte.
Mangelerscheinungen durch vegane Ernährung vorbeugen
Wer vegan leben möchte, sollte insbesondere auf die nötige Zufuhr von Kalzium, Vitamin D und Vitamin B12 achten. Zudem ist es wichtig, die tägliche Verzehrmenge an säure- und zuckerhaltigen Lebensmitteln zu beschränken.
• Kalzium:
Kalzium ist essenziell für starke Zähne und den Zahnschmelz. Ein Mangel an Kalzium kann den Zahnschmelz schwächen und das Risiko für Karies und Zahnerosion erhöhen. Da Veganer keine (Kuh-)Milchprodukte konsumieren, müssen sie darauf achten, ihren Kalziumbedarf über pflanzliche Quellen wie Brokkoli, Grünkohl, Tofu, Mandeln, Chiasamen und angereicherte Pflanzenmilch zu decken.
• Vitamin D:
Vitamin D hilft dem Körper, Kalzium effektiv aufzunehmen. Da die Hauptquellen für Vitamin D oft tierischer Herkunft sind (wie Fisch oder Milchprodukte), besteht bei Veganer ein höheres Risiko für Vitamin-D-Mangel. Vitamin D kann durch Sonnenlicht, angereicherte Produkte (z. B. Pflanzenmilch oder Säfte) oder Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Ein Mangel an Vitamin D kann zu einer schlechten Mineralisierung der Zähne führen, was die Anfälligkeit für Karies erhöht.
• Vitamin B12:
Vitamin B12 spielt eine wichtige Rolle für die Zellregeneration und die Gesundheit des Zahnfleisches. Ein Mangel an Vitamin B12 kann zu Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) und einer Verschlechterung der allgemeinen Mundgesundheit führen. Da es fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt, können Veganer an einem Mangel leiden, wenn sie keine Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherten Lebensmittel konsumieren.
Allgemein gilt: Wer sich vegan ernähren möchte, sollte sich gut über passende vegane Lieferanten für die wichtigsten Nährstoffe informieren. Hülsenfrüchte, Getreide oder Nüsse beispielsweise liefern wichtige Proteine und Eisen, Brokkoli oder Grünkohl enthalten viel Kalzium.
Gut informieren und bewusst essen: vegan leben
Eine vegane oder vegetarische Ernährung kann zahlreiche gesundheitliche Vorteile bieten. Sie erfordert jedoch besondere Aufmerksamkeit, wenn es um die Zahngesundheit geht. Durch den bewussten Umgang mit Nährstoffen wie Kalzium, Vitamin B12 und Vitamin D sowie einer sorgfältigen Mundhygiene lassen sich potenzielle Risiken für die Zähne minimieren. Fluoridhaltige Zahnpasta, regelmäßige Zahnarztbesuche und der richtige Umgang mit säure- und zuckerhaltigen Lebensmitteln sind entscheidend, um Zahnprobleme zu vermeiden. Mit der richtigen Planung und Vorsorge können Veganer und Vegetarier ihre Zahngesundheit genauso gut erhalten wie Menschen, die tierische Produkte konsumieren.