Zungenbelag: Woher er kommt und ob er entfernt werden sollte

Autorin: Dr. Eva-Maria Prey
Veröffentlicht am: 15. März 2025
Zuletzt aktualisiert: 9. April 2025
Ohne Zunge könnten wir weder sprechen noch schmecken. Und: Die Farbe ihres Belags kann viel über unsere Allgemeingesundheit aussagen. Bei der täglichen Mundhygiene sollte die Zunge in jedem Fall einbezogen werden.
Gelb, weiß oder sogar bräunlich: Ebenso wie auf unseren Zähnen bildet sich auch auf unserer Zunge immer wieder Belag. Dieser kann verschiedene Ursachen haben – von harmlosen Essensresten bis hin zu ernsten Krankheiten. Damit gibt die Zunge häufig wertvolle Hinweise auf unsere Gesundheit. – Einer der Gründe, weshalb Ärzt:innen weltweit, von der westlichen Schulmedizin über die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bis hin zum Ayurveda, die Zungendiagnostik als bewährte Methode nutzen.
Doch wann ist Zungenbelag schädlich? Müssen die Beläge täglich entfernt werden? Und bei welchen Anzeichen sollte in jedem Fall der Zahnarzt beziehungsweise die Zahnärztin aufgesucht werden? Wichtige Fakten über Zungenbelag und wertvolle Reinigungstipps gibt’s im nachfolgenden Artikel.
Was ist Zungenbelag?
Bei der täglichen Mundhygiene wird sie oft übersehen: Die Zunge. Dabei ist sie ein faszinierendes und vielseitiges Organ. Immerhin können wir dank ihr schmecken und sprechen. Und: Sie ist essenziell für die Verdauung und das Immunsystem. Beim Kauen bewegt die Zunge feste Nahrung im Mund, vermischt sie mit Speichel und bereitet sie so optimal auf das Schlucken vor. Gleichzeitig befinden sich im hinteren Bereich der Zunge wichtige Abwehrzellen, die unseren Körper vor Krankheitserregern schützen.
Eine gesunde Zunge ist rosa bis rötlich, mit einem leichten, unauffälligen Film. Ihre Oberfläche ist mit winzigen Erhebungen, den sogenannten Papillen, bedeckt. Diese spielen eine wichtige Rolle beim Schmecken und beim Beurteilen der Nahrungsbeschaffenheit. Zwischen ihnen können sich jedoch leicht Speisereste, abgestorbene Zellen und Bakterien ansammeln. Diese Ablagerungen bilden zusammen mit körpereigenem Schleim einen feinen, oft weißlichen Zungenbelag. Besonders am Morgen ist dieser Belag häufig deutlich sichtbar. Der Grund: Nachts ruht der Mund. Es gibt keine Bewegungen oder Reibungen, welche tagsüber den natürlichen Abrieb von Ablagerungen fördern. Zudem ist die Speichelproduktion reduziert. Wir atmen überwiegend durch die Nase – daher kommt auch das trockene, pelzige Gefühl auf der Zunge nach dem Aufwachen.
Der morgendliche Belag auf der Zunge ist völlig normal. Meist verschwindet er durch die tägliche Mundhygiene beziehungsweise beim Frühstücken. Wird für längere Zeit nichts gegessen oder wird die Nahrung nicht gründlich gekaut, kann der Zungenbelag auch dicker ausfallen beziehungsweise länger bleiben. Auch bestimmte Lebensmittel wie scharfe oder stark gewürzte Speisen, Kaffee und Tee können den Belag verstärken.
Ursachen von Zungenbelag
Zungenbelag ist nicht gleich Zungenbelag. Je nach Farbe und Beschaffenheit hat er unterschiedliche Ursachen – von harmlosen Auslösern wie Lebensmitteln oder mangelnder Mundhygiene bis hin zu ernsthaften Erkrankungen.
Weißer Zungenbelag
Bei einer weiß belegten Zunge unterscheidet man zwischen abstreifbarem und nicht abstreifbarem Zungenbelag. Wenn sich der Belag mit einem Zungenreiniger leicht abschaben lässt und die Schleimhaut darunter normal aussieht, ist die Zunge gesund und es besteht kein Grund zur Sorge. Bleibt der weiße Belag jedoch bestehen oder tritt eine gerötete Schleimhaut zum Vorschein, kann dies auf eine Erkrankung hinweisen.
- Mundsoor: Eine Hefepilzinfektion durch die Pilzgattung Candida, die oft bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auftritt. Der Zungenbelag ist weiß und krümelig und lässt sich leicht abstreifen. Darunter zeigt sich eine gerötete Schleimhaut, die leicht blutet. Die Behandlung erfolgt meist mit Antimykotika.
- Erkältung und Grippe: Eine Erkältung kann ebenfalls zu einer belegten Zunge führen, begleitet von Symptomen wie Husten, Schnupfen, Fieber und Halsschmerzen. Nach Abklingen der Erkältung verschwindet auch der Zungenbelag.
- Verdauungsstörungen: Eine weiße belegte Zunge kann auch auf Probleme im Magen-Darm-Bereich wie Gastritis oder das Reizdarmsyndrom hinweisen. Begleiterscheinungen sind häufig Blähungen, Durchfall und Verstopfungen.
- Eisenmangel/Anämie: Eine blasse oder weiße Zunge ohne Belag kann auf Eisenmangel und Blutarmut hindeuten. Dies geht oft mit Symptomen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten einher.
- Knötchenflechte: Weiße Beläge unter der Zunge oder an den Wangen können auf die Autoimmunkrankheit Lichen ruber planus (Knötchenflechte) hinweisen, bei der der Körper Haut und Schleimhäute angreift. Diese Krankheit kann mit einer Kortisonbehandlung behandelt werden.
- Landkartenzunge: Unregelmäßige weiße Flecken oder rote Stellen auf der Zunge, die einem Landkartenmuster ähneln, können auf eine gutartige Entzündung des Mundraums hindeuten. Die Ursachen für die so genannte Landkartenzunge ist oft unbekannt. Sie kann mit genetischen Faktoren, mit Stress oder bestimmten Nahrungsmitteln in Verbindung stehen. Die Erkrankung ist meist harmlos. Bei manchen Menschen treten zusätzliche Beschwerden wie Zungenbrennen oder Schmerzen auf, besonders wenn scharfe oder saure Lebensmittel verzehrt werden. Meist verschwinden die Symptome von selbst und müssen nicht speziell behandelt werden. Treten sie allerdings häufiger auf oder verstärken sich, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um andere Ursachen auszuschließen.
Gelber Zungenbelag
Ein gelblicher Zungenbelag ist oft die Folge von Rauchen oder dem Genuss bestimmter Lebensmittel. Er kann aber auch auf Erkrankungen der Leber oder Galle hinweisen, insbesondere wenn gleichzeitig eine Gelbfärbung der Augen auftritt. In manchen Fällen kann auch eine Gastritis oder eine Infektion dahinterstecken.
Bei einem gelben Zungenbelag kommt es auf die Intensität des Gelbtons an. Wenn die Zunge weiß-gelb oder gelblich ist, kann eine Pilzinfektion dahinterstecken. Oft fühlt sich die Zunge dann auch pelzig an und es tritt ein komischer, bitterer Geschmack im Mund auf. Ein kräftigeres Gelb auf der Zunge könnte auf eine Störung der Galle oder Leber hinweisen und sollte ärztlich abgeklärt werden.
Brauner Zungenbelag
Ein brauner Zungenbelag entsteht meist durch den Konsum von Kaffee, Tee, Zigaretten oder bestimmten Lebensmittelfarbstoffen. Auch die übermäßige Nutzung von Mundspülungen mit Chlorhexidin kann dazu führen. In einigen Fällen kann eine Erkrankung des Magen-Darm-Trakts oder eine Nierenschwäche zu einer bräunlichen Verfärbung der Zunge beitragen.
Schwarzer oder grauer Zungenbelag
Ein schwarzer Zungenbelag, auch schwarze Haarzunge genannt, entsteht durch eine übermäßige Vergrößerung der Zungenpapillen, die sich durch Ablagerungen dunkel verfärben. Ursachen können Rauchen, bestimmte Medikamente (z. B. Antibiotika) oder eine schlechte Mundhygiene sein.
Ein grauer Zungenbelag kann durch eine Blutarmut oder einen Eisenmangel entstehen. Auch Rauchen, Tabakkonsum oder Tee können eine grau verfärbte Zunge begünstigen.
Auffällig roter Zungenbelag
Eine auffällig rote Zunge, oft als Himbeer- oder Erdbeerzunge bezeichnet, tritt bei Scharlach oder dem Kawasaki-Syndrom auf. Diese Gefäßentzündung der kleinen und mittleren Arterien kommt vor allem bei Kindern vor.
Eine brennend rote Zunge kann auf eine Entzündung oder einen Vitamin-B12-Mangel hinweisen. Die sogenannte Lackzunge – eine glatte Zunge mit rotem Belag – ist ein typisches Symptom des sogenannten Sjörgen Syndroms. Diese Autoimmunkrankheit greift die Speicheldrüsen an.
Zungenbelag: Wann sollte ich zum Arzt gehen?
Ein leichter Zungenbelag ist meist harmlos. Ist er jedoch ungewöhnlich dick, hat eine auffällige Farbe oder geht mit anderen Begleitsymptomen einher, kann er auf eine gesundheitliche Störung hinweisen. Die Farbe des Belags gibt oft erste Hinweise auf mögliche Ursachen. Aber: Nicht jede Verfärbung der Zunge ist direkt ein Grund zur Beunruhigung. Dunkel gefärbter Zungenbelag nach dem Genuss von Rotwein oder Beerenobst wie Heidelbeeren beispielsweise, ist völlig normal. Auch weißer Zungenbelag ist in der Regel unbedenklich und verschwindet von selbst.
Bei Auffälligkeiten sollte der Zustand der Zunge einige Tage beobachtet werden – idealerweise morgens vor dem Frühstück. Bleibt die Zunge über mehrere Tage hinweg verfärbt, ist geschwollen oder schmerzt und es treten weitere Anzeichen wie Fieber oder ein allgemeines Krankheitsgefühl auf, sollte die Zahnarzt- oder Hausarztpraxis konsultiert werden.
Die Behandlung von Zungenbelag hängt in erster Linie von der Ursache des Belags ab. Bei bakteriellen Infektionen kommen Antibiotika zum Einsatz, bei Pilzinfektionen werden Antimykotika verordnet, und bei viralen Infektionen helfen antivirale Mittel.
Ein harmloser, weißer Belag, der bei manchen Menschen mehr und bei anderen weniger häufig vorkommt, kann einfach selbst entfernt werden, indem die belegte Zunge regelmäßig gesäubert wird.
Zungenbelag entfernen – so geht’s richtig
Eine gründliche Zungenreinigung – mindestens einmal täglich – ist ein wichtiger Bestandteil der täglichen Mundhygiene. Damit werden nicht nur Beläge entfernt, sondern auch Mundgeruch vorgebeugt. Mit speziellen Zungenschabern lässt sich die empfindliche Zungenoberfläche sanft reinigen. Mit ihnen wird ohne Druck, mehrmals von hinten nach vorne über die Zunge gestrichen. Anschließend wird der Mund gründlich mit Wasser oder einer Mundspülung ausgespült, um Belagsreste zu beseitigen. Nach der Zungenreinigung sollte der Zungenschaber gründlich abgewaschen und an einem trockenen Ort aufbewahrt werden.
Ist kein Zungenschaber zur Hand, kann Zungenbelag auch mit der Zahnbürste entfernt werden. Wichtig: Diese Zahnbürste sollte anschließend nicht zum Zähneputzen benutzt werden, um die Bakterien nicht von der Zunge auf die Zähne zu übertragen!
Fazit: Zunge zeigen lohnt sich
Unsere Zunge ist mehr als nur ein Muskel – sie ist ein Spiegel unserer Gesundheit. Auch wenn Zungenbelag meist harmlos ist, kann er wichtige Hinweise auf unser körperliches Wohlbefinden geben. Wer seine Zunge regelmäßig reinigt, beugt nicht nur Mundgeruch vor, sondern unterstützt auch die Mund- und Allgemeingesundheit.
Bei der täglichen Mundpflege sollte bewusst auf die Zunge geschaut werden. Veränderungen in Farbe, Struktur oder auffällig dicke Belege – vor allem in Zusammenhang mit anderen Beschwerden – können einen Arztbesuch notwendig machen. Denn: Eine gesunde Zunge trägt zu einem gesunden Körper bei – und verdient daher besondere Aufmerksamkeit!
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