Zähneknirschen: Stress für den ganzen Körper

Veröffentlicht am: 7. März 2024

Zuletzt bearbeitet: 18. März 2024

Autor:in: Dr. Eva-Maria Prey

Lesedauer: 5 Minuten

Rund ein Viertel aller Menschen knirscht vor allem nachts mit den Zähnen. Unbehandelt führt die ständige Anspannung der Kiefermuskulatur zu zahlreichen weiteren Problemen.

Etwas zähneknirschend hinnehmen oder die Zähne zusammenbeißen müssen: Redewendungen, die fast alle kennen. Und ebenso verbreitet ist das besagte Phänomen: Studien zufolge knirscht hierzulande jede fünfte bis zehnte Person vor allem nachts mit den Zähnen. Am stärksten betroffen sind Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Neben Schäden an den Zähnen leiden Betroffene oftmals unter einer Vielzahl weiterer Beschwerden wie Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen.

Zähneknirschen – was heißt das eigentlich?

Unter Zähneknirschen (Bruxismus) wird das ständige Aufeinanderpressen oder Reiben der Ober- und Unterkieferzähne bezeichnet. In der Regel knirschen Betroffene unbewusst, häufig im Schlaf oder tagsüber in stark angespannten Situationen, mit den Zähnen. Mediziner sprechen beim nächtlichen Zähneknirschen vom Schlafbruxismus beziehungsweise vom nocturnalen Bruxismus. Dem gegenüber steht das stressbedingte Kieferpressen am Tag – der Wach- oder diurnale Bruxismus.
Im Unterbewusstsein – vor allem, während wir schlafen – sind die natürlichen Schutzreflexe der Kiefermuskulatur gegen ein zu starkes Kauen nicht vorhanden. Deshalb wird nachts häufig mit einer deutlich stärkeren Beißkraft als beim normalen Kauprozess mit den Zähnen geknirscht. Konkret heißt das: Beim nächtlichen Zähneknirschen reiben wir unsere Zähne mit einer Kraft von bis zu 480 Kilogramm pro Quadratzentimeter aufeinander. Das entspricht dem Zehnfachen des normalen Kaudrucks! Die Folgen können langfristige Schäden an der Zahnsubstanz sowie viele weitere Beschwerden sein.

Übrigens: Auch viele Kinder knirschen, insbesondere im Schlaf, mit den Zähnen. Im Normalfall ist dies nicht schädlich, selbst wenn das Knirschen im Milchgebiss deutliche Spuren hinterlässt. Erst im Anschluss an das Durchbrechen der bleibenden Zähne sollte das Knirschen aufhören und der Zahnhalteapparat geschützt werden. Vorher ist das Knirschen meist ein normaler Vorgang, der aus dem starken Wachstum des Kiefers resultiert. Wenn Eltern befürchten, dass Stress oder Druck das kindliche Knirschen verursachen, sollte ein Termin in der Zahnarztpraxis vereinbart werden.

Zähneknirschen – die Ursachen auf einem Blick

Aufgestauter Druck und Stress können unbewusst an die Kaumuskeln weitergegeben werden, sodass sich diese dauerhaft verkrampfen. Überhaupt gilt Stress als Hauptursache für das ständige Zähneknirschen. Wir alle kennen Situationen, in denen wir unsere Probleme des Tages mit ins Bett nehmen. Die anfänglich genannten Redewendungen haben sich nicht grundlos etabliert. Sie beschreiben die Verbindung zwischen unseren Zähnen und unserer Psyche. So knirscht jeder zweite Mensch phasenweise mit den Zähnen. Bei rund 20 Prozent der Betroffenen wird das Phänomen chronisch.

Neben Stress als Ursache, gibt es weitere Faktoren, die Knirschen und eine verkrampfte Kiefermuskulatur begünstigen können. Schlechtsitzende Füllungen, Inlays oder sonstiger Zahnersatz können zu Zahnfehlstellungen oder zu Fehlbissen führen und dadurch Bruxismus auslösen.

Zähneknirschen: Auswirkungen auf Körper und Zähne

Unbehandeltes Zähneknirschen kann zahlreiche Folgen haben. Wird der Kiefer über einen längeren Zeitraum immer wieder zusammengepresst, kann dies zu Problemen führen. Die Kauflächen der Zähne können an Kontur verlieren. Gleichzeitig kann die Oberflächenbeschaffenheit der Zähne beeinträchtigt werden, da die Zähne stetig weiter abgeschliffen werden. Der Zahnschmelz – die äußere, harte Hülle des Zahns – kann dann Risse bekommen. Teils kann der Zahnschmelz abplatzen, sodass beispielsweise an den Zahnhälsen keilförmige Defekte entstehen. In seltenen Fällen können Zähne vollständig brechen, sodass sogar ein Zahnverlust unvermeidbar ist.
Im fortgeschrittenen Stadium wird unbehandeltes Zähneknirschen durch zurückgehendes Zahnfleisch sowie durch freigelegte empfindliche Zahnhälse sichtbar. Unter Umständen können auch Füllungen, Inlays oder Zahnersatz wie Kronen und Brücken durch das Knirschen beschädigt werden. Sofern die Gelenkscheiben (Discus articularis) verrutschen, kann dies zudem die Mundöffnung beeinflussen.

Als Folge vom regelmäßigen Zähneknirschen entwickelt sich oftmals eine craniomandibuläre Dysfunktion (CMD). Dahinter verbirgt sich eine Funktionsstörung, die das gesamte System aus Cranium (Schädel) und Mandibula (Unterkiefer), samt umgebender Sehnen, Nervenbahnen und Gesichtsmuskeln betrifft. Typische Anzeichen sind Kopfschmerzen und Schmerzen im Nacken- und Rückenbereich, bis hin zu Ohrgeräuschen (Tinnitus), Schwindel und Sehstörungen.
Neben dem Knirschen gibt es zahlreiche weitere Ursachen für eine CMD. Dazu zählen beispielsweise ein Schleudertrauma oder eine falsche Körperhaltung. Auch lange zahnärztliche Behandlungen bei stark geöffnetem Mund können sie auslösen. Regelmäßiges Fingernägel- oder Kaugummikauen können ebenfalls eine Rolle bei ihrer Entstehung spielen.

Symptome für Zähneknirschen – daran merken es Betroffene

Häufig leiden Patienten und Patientinnen schon lange – besonders morgens – unter Schmerzen im Kiefergelenk oder diffusen Kopf- und Gesichtsschmerzen. Dass diese durch nächtliches Zähneknirschen versursacht werden können, ist vielen zunächst nicht bewusst. Meist empfinden Betroffene nach dem Aufstehen Schmerzen an Zähnen und im Kieferbereich. Regelmäßiges Knirschen wirkt sich auf die Muskeln im Gesicht und Nacken aus. Es können Verspannungen entstehen. In Extremfällen kommt es zu Blockaden des Kiefers oder der Hals- und Nackenmuskulatur. Daraus können wiederum Kopf- oder Rückenschmerzen resultieren.

Weitere Anzeichen für Bruxismus oder eine mögliche CMD:

  • Schmerzempfindliche Zähne
  • Abgeknirschte Eckzähne (keine Eckzahnspitze mehr)
  • Kauapparat/Kaumuskulatur reagiert empfindlich auf Druck
  • Abgeriebene Kauflächen ohne Kontur im Unterkiefer/Oberkiefer
  • Abdrücke der Zähne in Zunge und Wange
  • Risse und Absprengungen am Zahnschmelz (oft keilförmig)
  • Kieferschmerzen sowie muskuläre Verspannungen der Nacken- oder Gesichtsmuskulatur beziehungsweise des Kaumuskels
  • Kopfschmerzen direkt nach dem Aufwachen
  • Knacken im Kiefergelenk
  • Schwierigkeiten bei der Mundöffnung
  • unter Umständen auch Verspannungen und Schmerzen im Rückenbereich

    Zähneknirschen: Behandlung durch Aufbissschiene und Entspannungsverfahren

    Betroffene sollten sich ihre Zahnreihen zu Hause im Spiegel anschauen. Abgeplatzte Stellen in der Gegend des Zahnhalses oder Eckzähne ohne die typische Eckzahnspitze, sind deutliche Hinweise für Zähneknirschen. In der Zahnarztpraxis werden die Zähne detailliert untersucht. Zusätzlich wird die Kaumuskulatur auf Verspannungen und Verhärtungen im Muskel abgetastet. Sofern Symptome und Zahnstatus auf Bruxismus hindeuten, wird eine entsprechende Therapie eingeleitet. Das Ziel: weitere Zahnschäden oder gar Abnutzungen am Kiefergelenk zu vermeiden.

    Eine der effektivsten Methoden zur Behandlung von Zähneknirschen und den Konsequenzen einer CMD ist eine Schienentherapie mit einer maßgeschneiderten Aufbissschiene (Okklusionsschiene oder auch Beißschiene). Eine solche Knirscherschiene wird über Nacht getragen, um die Zähne vor dem Knirschen zu schützen. Der unmittelbare Kontakt der Zahnreihen beziehungsweise der Zähne des Ober- und des Unterkiefers beim Zusammenpressen wird dadurch verhindert. Zahnschmelz sowie Zahnhalteapparat werden geschützt und die Kiefergelenke entlastet.

    Es gibt verschiedene Arten von Aufbissschienen, darunter die Michigan-Schiene. Diese Zahnschiene ist eine spezielle Art von Aufbissschiene, die den Kiefer in seiner natürlichen Position hält und damit das Aufeinanderpressen verhindert.

    Um Verspannungen im Kiefergelenk und im Nacken zu lösen, die häufig bei Menschen mit Zähneknirschen auftreten, sind darüber hinaus prinzipiell alle Maßnahmen empfehlenswert, welche die Muskulatur entspannen. Durch Physiotherapie beispielsweise, erhalten Patienten zusätzlich Tipps für Übungen zu Hause oder um Fehlhaltungen im Alltag – unter anderem am Arbeitsplatz – zu korrigieren. In seltenen Fällen werden die Therapiemaßnahmen für eine begrenzte Zeit durch schmerzlindernde Medikamente oder muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxans) unterstützt.

    Allgemein gilt: Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose positiv. Folgeschäden an den Zähnen beziehungsweise am Gebiss lassen sich in den meisten Fällen durch die passende Therapie gegen Zähneknirschen vermeiden.

    Dr. Eva-Maria Prey

    Autor:in: Dr. Eva-Maria Prey

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